Das transatlantische Handelsabkommen TTIP - oder: wenn Konzerne versuchen die Macht zu übernehmen

Infoabend der SPD Rednitzhembach mit der mittelfränkischen EU-Kandidatin Stephanie Schäfer

Wird der Verbraucherschutz ausgehebelt, werden hart erkämpfte Sozialstandards einfach so vom Tisch gewischt? Gibt es in Zukunft auch bei uns im Chlorbad behandelte Hähnchen, Gentechnik durch die Hintertür oder ein Investitionsschutzabkommen für Investoren?
Diese Fragen wurden bereits im Kommunalwahlkampf von einigen interessierten Bürgern gestellt. Der SPD Ortsverein Rednitzhembach hat reagiert und daraufhin zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.

TTIP Veranstaltung 02.05.14

Ulrike Fink und Robert Gödel, stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende, konnten als Referenten Andrea Dornisch vom Bündnis Zivilcourage Roth/Schwabach sowie Stephanie Schäfer, Mittelfrankens SPD Kandidatin fürs EU Parlament, begrüßen. Das dieses Thema Potenzial hat, in der nächsten Zeit für Aufsehen zu sorgen, zeigte der Verlauf der sehr gut besuchten Veranstaltung.

Andrea Dornisch startete ihren Vortrag mit einem kleinen informativen Film. Bereits hier wurde klar, wieviel Brisanz, in diesen hinter verschlossenen Türen geführten Verhandlungen steckt. Kann und darf es wirklich sein, dass hier im kleinen exklusiven Kreis, unter weitgehenden Ausschluss der Parlamente, solch weit reichende Beschlüsse gefasst, bzw. vorbereitet werden? Beschlüsse, die auch für die Kommunalpolitik von Bedeutung sein könnten: die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge, Dienstleistungen oder das öffentliche Beschaffungswesen. Wird zum Beispiel die Privatisierung bei Wasser und Abwasser doch wieder zum Thema? Andrea Dornisch sieht auch die Energiewende in Gefahr. So könnte es in Zukunft z. B. auch bei uns in Deutschland Fracking geben. Oder auch der Bereich Landwirtschaft und Ernährung, wo Verbraucherschützer und Umweltverbände vor absehbaren Nachteilen für die Bevölkerung warnen. Eine Einführung der Gentechnik durch die Hintertür, ein absehbares Monopol für Saatgut, eine industrialisierte Landwirtschaft, in der nur die Großen überleben würden? Regionale Strukturen wären bedroht, so Andrea Dornisch. Auch im Bereich von Arbeits-und Sozialrechten könnte es im Zeichen einer Harmonisierung von Arbeitnehmerrechten zu einer Verschlechterung der Standards kommen. Streikrecht oder Tarifautonomie, wie wir sie kennen, könnten in der jetzigen Form bald der Vergangenheit angehören.

Ein weiterer strittiger Punkt bei diesen Verhandlungen ist das sogenannte Investitionsschutzabkommen. Konzerne würden auch hier entschieden profitieren. Schiedsgerichte, die außerhalb der normalen Gerichtsbarkeit stünden, würden über Klagen gegen Staaten entscheiden können, ohne das Recht auf Berufung. Doch was spricht denn überhaupt für dieses Abkommen, was bewegt die Politik solche Verhandlungen zu führen? Ein hohes Wirtschaftswachstum, der Abbau von Handelsschranken, wachsender Wohlstand und neue Arbeitsplätze sollen all diese geplanten Maßnahmen rechtfertigen! Doch zu welchem Preis? Andrea Dornisch forderte die Zuhörer auf, sich zu wehren, solange es noch Zeit dazu ist. Transparenz und Offenheit bei den Verhandlungen, eine uneingeschränkte Information der Verbraucher, die Beteiligung von Europaparlament und Regierungen wären ein erster wichtiger Schritt.

Diese Ansicht teilte anschließend auch Stephanie Schäfer, Mittelfrankens SPD Kandidatin fürs EU Parlament. Die studierte Juristin für Europa- und Völkerrecht stellte sich kurz vor und erläuterte ihre Vorstellungen eines künftigen Europas. Unter anderem mahnte sie an, Europa müsse demokratischer und das Europaparlament gestärkt werden. Schäfer bedauerte, dass sich die Parteispitze der SPD bis heute noch nicht eindeutig zum Thema TTIP geäußert hat. Laut Koalitionsvertrag solle es jedoch vorangetrieben werden. Nach ihrem heutigen Kenntnisstand könnte sie persönlich aber TTIP im Moment nicht zustimmen. An der Parteibasis, so ihre Erfahrung aus den letzten Wochen, gäbe es zudem eine eindeutig ablehnende Haltung gegenüber dem Handelsabkommen. Bei der anschließenden, lebhaften Diskussion wurde absolutes Unverständnis darüber laut, wie der mündige Bürger bei solch wichtigen Entscheidungen außen vor gelassen werden soll. Hier würden Themen verhandelt, die uns alle tagtäglich betreffen würden. Gerade eine Absenkung von Qualitätsstandards, in welchem Bereich auch immer, sei nicht hinnehmbar.

Es wurde an diesem Abend ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass dieses Thema auf der Agenda bleibt und man sich auch im SPD-Ortsverein darum bemühen werde, für Aufklärung und Information zu sorgen.

Robert Gödel und Ulrike Fink sicherten zu, dass es in Rednitzhembach einen Antrag der SPD Fraktion im Gemeinderat geben werde, in dem man sich gegen TTIP in der jetzigen geplanten Form wende.