Juli 2009
REDNITZHEMBACH (stt) – Es war nicht gerade wenig, was Brigitte Held am Ende der SPD- Veranstaltung aufzählte: Einen Streetworker, einen Kinder- und Familienbeauftragten, mehr Beteiligung Jugendlicher durch ein Jugendparlament, Elternschulungen sowie mehr Ausbildungsplätze bei den örtlichen Unternehmen und der Gemeindeverwaltung. Das alles, so das Ergebnis der Diskussion, könnte die Jugend in Rednitzhembach gut gebrauchen. Und das, obwohl hier bereits sehr viel für Kinder und Jugendliche getan wird.
„Es gibt ein Riesenangebot für die Jugend, es ist alles da“, sagte SPD- Gemeinderats- mitglied Jörg Deffner, einer der drei Jugendbeauftragten Rednitzhembachs. Bernd Jörka drückte es noch deutlicher aus. „Die Jugend lebt hier wie im Paradies“, meinte der Vorsitzende der Jugendkapelle.
„Steckt die Jugend in der Krise?“, lautete die Kernfrage der Veranstaltung. Zur Beantwortung hatte die SPD Rednitzhembach Christa Naaß eingeladen. Für die stellvertretende Vorsitzende der SPD- Landtagsfraktion existieren durchaus Indizien, die diesen Schluss für einen beträchtlichen Teil der Jugend Bayerns nahelegen. Immerhin verlassen pro Jahr acht Prozent aller Abgänger die Schule ohne Abschluss. 10,9 Prozent der Bayern leben der Darstellung von Naaß zufolge in Armut. Ein knappes Drittel davon sei unter 18 Jahre alt, so die SPD- Politikerin.
„Aus Bildungsarmut wird in Bayern häufig soziale Armut“, erklärte Christa Naaß den Zusammenhang aus ihrer Sicht. Insbesondere hänge der Bildungserfolg eines Kindes in Bayern ganz eng mit dem Geldbeutel der Eltern zusammen. „Das ist ein Skandal, denn jedes Kind muss die gleichen Chancen bekommen“, verlangte Naaß. „Bayern ist ein reiches Land, aber Armut bei Familien ist Realität“, so die Parlamentarierin.
Dies zeige auch der Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung. Als Hauptstrategie gegen solche Entwicklungen verlangte Naaß eine andere Bildungspolitik. „Bildung muss von der Krippe bis zu Uni kostenlos sein“, so die SPD- Politikerin. Eine längere gemeinsame Schulzeit, Abschaffung der Studiengebühren sowie mehr nachhaltige Förderung statt brutaler Auslese, lauten die konkreten Forderungen der Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag.
Rainer Thiede, Rektor der Volksschule Rednitzhembach, widersprach der Landtagsabge- ordneten insbesondere bei ihrer Kritik an der geringen Zahl von Abiturienten und der niedrigen Studierendenquote in Bayern. „Man darf sich nicht in Bildung verrennen“, meinte der Pädagoge. Viele der schönsten Häuser Rednitzhembachs mit den größten Autos davor gehörten Handwerksmeistern, stellte er fest. Der Maßstab müsse lauten, meinte Thiede: „Wo haben Menschen einen Platz, an dem sie zufrieden sind.“
CSU- Gemeinderatsmitglied und Jugendbeauftragter Frank Lindemann wollte insbesondere die Eltern mehr in die Pflicht nehmen. „Elternverantwortung spielt eine große Rolle“. Doris Kümmich, Jugendsozialarbeiterin an der Volksschule Rednitzhembach, sah hier in der Tat einen Mangel. „Schule muss häufig das Elternhaus ersetzen“, erklärte die Sozialpädagogin. Sie schlug indes vor, hier einen neuen Weg einzuschlagen. „Wir können die Eltern schulen“, war sie überzeugt und erhob auch die Forderung nach einem Streetworker für aufsuchende Jugendarbeit.
Erschienen im Schwabacher Tagblatt, Ausgabe 17.07.09